Die Präsidenten aus den Regional- und Landesverbänden des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) haben im Rahmen ihrer Konferenz einen gemeinsamen Appell formuliert, der die hohe gesellschaftliche Bedeutung und Wirkung des Amateursports betont. Im Mittelpunkt steht für das Gremium die Perspektive, vor allem Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, wieder unter freiem Himmel einem organisierten Trainingsbetrieb im Verein nachzugehen und dort ihren natürlichen Bewegungsdrang auszuleben. Nach mehrmonatigem Lockdown soll der organisierte Amateursport, so die klare Botschaft, nicht mehr als Teil des Problems, sondern endlich als Teil der Lösung im Sinne der allgemeinen Gesundheitsförderung begriffen werden.
Mit ihrem Appell unterstützen und unterstreichen die führenden Vertreter*innen der Landesverbände den offenen Brief, den DFB-Präsident Fritz Keller und der 1. DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch am vergangenen Freitag an alle 24.500 Vereine im deutschen Fußball verschickt hatten. Keller und Koch hatten darin betont, dass der Sport und seine einzigartige Vereinslandschaft in Deutschland in allen Entscheidungen Berücksichtigung finden müssen und nicht abgehängt werden dürfen. Bei Diskussionen um mögliche Lockerungen muss vor diesem Hintergrund zwangsläufig an allen relevanten Stellen über den Amateursport gesprochen werden, dafür setzen sich mit dem DFB auch alle Regional- und Landesverbände ein.
Peter Frymuth, DFB-Vizepräsident Spielbetrieb und Fußballentwicklung, sagt: “Unsere Vereine haben in den vergangenen Monaten einen erfolgreichen Beitrag geleistet, um Kontakte zu reduzieren und Infektionen entgegenzuwirken. Dieses verantwortungsvolle Verhalten darf bei den Erörterungen der Lockerungen nicht vergessen werden, insbesondere deshalb, weil es in besonderem Maße um Kinder und Jugendliche geht. Dies betrifft nicht nur den Fußball, sondern den gesamten Sport. Ich bin daher sehr froh, dass in Nordrhein-Westfalen die Landesregierung nun in einem ersten Schritt entschieden hat, dass die Sportplätze wieder geöffnet werden können und eine Nutzung, wenn auch zunächst unter engen Vorgaben, möglich ist.”
Im Rahmen der Konferenz hatte Prof. Dr. Tim Meyer, Vorsitzender der Medizinischen Kommission des DFB, den Präsidenten der Regional- und Landesverbände Erkenntnisse aus jüngsten Untersuchungen präsentiert. Meyer hatte mit Kollegen vom Institut für Sport- und Präventivmedizin der Universität des Saarlandes sowie dem Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit der Universität Basel unter anderem mehr als 750 Partien aus Profiligen und dem Amateurbereich mit mindestens einem SARS-CoV2-verdächtigen Spieler analysiert. In diesem Rahmen wurden Fragebögen und Listen mit Spielabsagen von 20 Fußball-Landesverbänden aufgrund von bestätigten Fällen und Verdachtsfällen auf eine SARS-CoV-2-Infektion geprüft und registriert. Soweit verfügbar, wurden ergänzende Videoanalysen durchgeführt. Ziel war neben der Erfassung infektiöser Spieler*innen in Spiel oder Training eine Einschätzung des Infektionsrisikos der anderen Spieler*innen und Schiedsrichter*innen.
Es zeigte sich, dass fußballspezifische Kontakte auf dem Spielfeld nur ein geringes Infektionsrisiko mit SARS-CoV-2 darstellen. Auch wenn die Möglichkeiten zur Nachverfolgung von Fällen im Amateurbereich, verglichen mit den Profis, eingeschränkt sind, wurden in den exponierten Mannschaften bis 14 Tage nach dem Spiel keine weiteren Verdachtsfälle festgestellt. Lediglich in einem Fall waren Zweifel an einer Übertragung während des Fußballspielens nicht gänzlich auszuräumen. Die Videoanalysen ergaben, dass relevante Kontakte auf dem Spielfeld nur selten auftreten und von sehr kurzer Dauer sind.
“Zusammengefasst bedeutet dies, dass nach aktuellem Kenntnisstand beim Fußballspielen unter freiem Himmel nur eine äußerst geringe Ansteckungsgefahr besteht”, sagt Meyer. “Diese Ergebnisse stehen auch im Einklang mit der umfangreich gesichteten internationalen Literatur, beispielsweise den vor wenigen Tagen veröffentlichten Resultaten aus dem englischen Rugby.”
Ronny Zimmermann und Hannelore Ratzeburg, im DFB-Präsidium für den Nachwuchsfußball im männlichen und weiblichen Bereich zuständig, erklären gemeinsam: “Vereine und Verbände tragen verantwortungsvoll die Verordnungen von Bund und Ländern zur Eindämmung der Corona-Pandemie mit. Doch der Lockdown für den Sport darf nicht zum Dauerzustand werden. Wir müssen im Blick haben, welche Folgen dauerhafter Bewegungsmangel und fehlende soziale Kontakte gerade für Kinder und Jugendliche haben können. Vereinssport kann hier für eine spürbare Entlastung sorgen und mit den bereits bewährten Hygienekonzepten seiner gesellschaftlichen Aufgabe gerecht werden.”
Wie groß die Sehnsucht nach der Rückkehr des Amateurfußballs ist, zeigt eine aktuell laufende bundesweite DFB-Umfrage. An den ersten drei Tagen haben bereits rund 50.000 Personen daran teilgenommen, 97 Prozent davon sind Mitglied in einem Fußballverein. 98 Prozent der bisher Befragten haben angegeben, den Amateurfußball und ihren Amateurverein zu vermissen, 95 Prozent wollen auf jeden Fall oder sehr wahrscheinlich nach dem Lockdown in den Amateurfußball zurückkehren. Besonders vermisst werden laut den Zwischenergebnissen das Gemeinschaftsgefühl und das aktive Fußballspielen. Die Möglichkeit des Mannschaftstrainings wird unter den Teilnehmer*innen im Falle möglicher Lockerungen mit Abstand am höchsten priorisiert, deutlich vor der Rückkehr in den Spielbetrieb.